EU Kommissar Oettinger zur Energiewende in Deutschland / Fakten zur Netzüberlastung etc.
Es ist nun schon eine gute, mehrjährige Tradition in Brandenburg, dass die Landesregierung zu energiepolitischen Themen in Sommer in die Landesvertretung beim Bund einlädt. So auch am 27.08.2014 zum Thema „Erneuerbarer Strom ist anders – Speicher und Netze als Voraussetzung für die Energiewende“, an der Vertreter/innen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltungen, Bürgerinitiativen (gegen die Errichtung von Windkraftanlagen) und Windkraftlobby teilnahmen
Zentrales Ereignis war der äußerst erfrischende und deutschland-kritische Vortrag des EU-Kommissars für Energie, Herrn Oettinger.
Näheres zu ihm auch unter: http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/oettinger/index_de.htm
Herr Oettinger mahnte zunächst an, Deutschland mit einem Anteil am Weltenergieverbrauch von weniger als 3 % und einem gleichen Anteil am CO2-Ausstoß nicht als energiepolitischen Nabel und „Retter“ der Welt zu betrachten. Sicher könne man auf dem Gebiet der Entwicklung von Spitzentechnologien eine Vorreiterrolle spielen – mehr aber auch nicht. Man müsse sich in den europäischen Rahmen einbringen. Nur die EU habe mit ca. 10 % Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß überhaupt eine Chance am geopolitischen Spiel der Großmächte USA, China, Indien und Russland beteiligt zu werden. Sonst sei man einfach bei internationalen Konferenzen an der Garderobe und nicht im Saal.
Der Inhalt des Vortrages soll in 8 Punkten zusammengefasst werden:
Probleme:
- Energieeffizienz wird derzeit nicht beachtet. Allein ca. 40 % des Energieverbrauches spielt sich rund um Gebäude ab. Die „Renovierungsquote“ beträgt derzeit 1 %. Also in 100 jahren sind wir „durch“. Deutschland zählt jedoch aus Kostengründen für notwendige Investitionen zu den Verhinderern einer europäischen Lösung, die zumindest 3 % anstrebt.
- Es ist eine Grundlastfähigkeit von mindestens 90 % erforderlich. Da sind wir bei den „erneuerbaren“ Energien weit entfernt.
- Überkapazitäten bei Wind- und Sonnenenergie / Nichtbeherrschen der Netzstabilität / mangelnde Kohärenz.
- Fehlendes Marktdesign.
- Derzeit erfolgt die Abbau grundlastfähiger Kapazitäten (Kernkraft = gewollt) und der Ersatz durch volatile (veränderliche) Kapazitäten aus Wind- und Sonnenenergie. Auch gibt es wachsende Akzeptanzprobleme zu „erneuerbaren“ Energien und steigenden Strompreisen in der Bevölkerung.
Lösungsansätze:
- Ausbau moderner (grundlastfähiger) flexibler Kohle- und Gaskraftwerke. Die derzeitige Energiepolitik verhindert eine Wirtschaftlichkeit dieser benötigten Kraftwerke und führt bei Betreibern (u.a. Stadtwerken) zu Problemen.
- Grenzüberschreitende europäische Lösungen:
- Energieerzeugung dort wo Wind und Sonne vorhanden sind,
- Energiespeicher dort, wo Wasserkraft vorhanden ist
3. Anpassung an weltmarktfähige Energie- und Netzkosten. Schaffung von Kapazitäts-Regelungsmechanismen.
Das Referat von Herrn Oettinger traf insofern ins „Schwarze“, als das Vorstandmitglied von E.DIS, Herr Dr. Reichel, vorher über gravierende Probleme bei der Sicherung der Energiestabilität berichtete:
- 95 % des Stromverbrauches in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind „Grund“-Strom.
- An zwei von drei Tagen wird Energie an die vorgelagerten Netze des Betreibers 50hertz (http://www.50hertz.com/de/) zurückgespeist = Überkapazität!
- Bei Volllast aller Anlagen in Brandenburg wird die dreifache Strommenge erzeugt, die „ab“-leitbar ist!
- Vor 6 Jahren erfolgten jährlich 7 Netzeingriffe im Jahr zur Vermeidung von Netz-zusammenbrüchen, heute sind es zwei am Tag!
- Bei 25.000 Energieeinspeisern hat die E.DIS 5.000 Abrechnungstarife!
Sehr schwach war der Auftritt von Herrn Müller, Vorstandsvorsitzender der ENERTRAG AG. Er konnte nur „Allgemeinplätze“ bieten. Trotz Eigendarstellung der Fachkompetenz war er nicht in der Lage, einen annähernden Termin für eine industriell nutzbare und effiziente Speicherlösung von Wind- oder Sonnenstrom zu nennen.
Herr Minister Christoffers verteidigte (wie immer) die weitere Ausbaustrategie der Landesregierung hinsichtlich „erneuerbarer“ Energien. Und das trotz der auch von ihm erwähnter Probleme der Überlastung der Netze, fehlender Speicher, fehlender Grundlastfähigkeit etc.
Er trat jedoch für die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf die Strompreise ein („Wahlkampf ick hör dir trapsen“).
Auch sollten künftig Konversionsgebiete stärker für die Errichtung von Windkraft-/Solar- und Biogasanlagen genutzt werden.
Aber er äußerte sich auch kritisch zur „Vorreiterrolle“ Deutschlands in der Welt aufgrund der geringen Anteile am Energieverbrauch und CO2-Ausstoß.
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1. September 2014 @ 0:46
Hallo, Herr Dr. Ludwig,
danke für die Zusammenfassung dieser Veranstaltung vom 27.08. (nicht 20.08) in Berlin, die ich mir leider auch angedeihen ließ, schade um unsere Zeit. Diese Landesregierung wird trotz derartiger Veranstaltungen weiter unsere Wälder für energietechnisch weitgehend sinnlose Windräder und PV- Anlagen (z. B. Lieberoser Heide) roden.
Der “erfrischende” Oettinger- Vortrag ließ leider dessen Äußerung vom 11.01. in Königswinter: “Das EEG gehört in den Mülleimer” vermissen.
Herr Müller war nicht nur schwach, sondern seine Aüßerung “…mit Windrädern ist eine sichere Elt- Versorgung möglich” ist eine Lüge. Seine Behauptungen: “…mit Power to Gas die Fluktuationen aus dem Netz herausnehmen” bedeutet nach seiner Sicht, bei Wind- und Sonnenstromüberangebot dieses in Gas oder Wärmeenergie umzuwandeln. Speichern würde jedoch bedeuten, aus dieser Energie wieder Strom zu gewinnen (aus Gas wäre ein Gesamt- Wirkungsgrad von ca. 25 % möglich, also sinnlos).
D. h. hier wurde das auch in Jahrzehnten wirtschaftlich unlösbare Problem einer großtechnischen Elt- Speicherung ignoriert und somit dem Titel der Veranstaltung überhaupt nicht entsprochen.
In Ergänzung meines Beitrages vom 21.08. an dieser Stelle sei aus der FAZ vom 17.08. hinzugefügt:
Das absolut lesenswerte Interview mit dem niederländischen Umweltökonomom und Klimaforscher Richard Tol ist nicht online verfügbar. Hier zwei Fragen und Antworten daraus:
Frankfurter Allgemeine Zeitung:
Deutschland hat mit der Energiewende ein gewaltiges Investitionsprogramm für erneuerbare Energien gestartet. Ist das ein Vorbild?
Richard Tol:
Deutschland ist eher eine Witzfigur, oder? In der Welt konkurrieren zwei Länder darum, wer die schlechteste Energiepolitik weltweit macht: Das sind England und Deutschland. Die Energiewende ist ein gewaltiger Fehler. Die Unternehmen und die Haushalte müssen hohe Energierechnungen begleichen, die Emissionen steigen trotzdem.
Frankfurter Allgemeine Zeitung:
Sehen Sie nicht, dass Deutschland für die Energiewende global bewundert wird?
Richard Tol:
Ich kenne eher internationale Wissenschaftler, die sagen, die Deutschen müssen verrückt geworden sein. Das alles kostet wahnsinnig viel Geld. Deutschland hat mit so hohen Förderungen für Windenergie und Photovoltaik begonnen, dass es den gesamten Weltmarkt durcheinander gebracht hat. Ohne diese exzessive Förderung wären Solarpaneele eher auf portugiesischen oder spanischen Dächern gelandet und hätten mehr Ertrag gebracht. Die Deutschen haben mit aller Macht eine Technik auf den Markt gebracht, die noch nicht reif ist. Einer der wenigen spürbaren Effekte war, dass die Deutschen einige Chinesen und Dänen sehr reich gemacht haben. Deutschland gibt ein außergewöhnliches Beispiel ab, wie man Klimapolitik nicht macht.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
M. f. G.
Wolfgang Rasim