Heutige Demo gegen Windräder im Wald / Presseerklärung zum Prozess gegen Windräder im Wald der Reesdorfer Heide / Zweifel an unserem Rechtsstaat

Presseerklärung

  • Berechtigte Zweifel an unserem Rechtsstaat durch rückwirkenden Eingriff in ein laufendes Verfahren unseres e.V. durch rot-grün-gelben Rechtsbruch
  • Demo am Donnerstag, 07.12.2023 / 12 bis 14 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Potsdam
  • Klagerückname

Wie angekündigt, fand am heutigen Donnerstag,  07. Dezember 2023 von 12 bis 14 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Potsdam / Friedrich-Ebert-Str.; Ecke Kurfürstenstraße gegenüber dem Nauener Tor eine Demonstration gegen „Windräder im Wald“ statt. Ca. 30 Teilnehmer brachten Ihren Protest gegen die Umweltfeindliche Energiepolitik der Bundesregierung zum Ausdruck. Ein besonderes “DANKE” gilt den Kollegen vom Gegenwind Fläming e.V.

   

Ein Wermutstropfen „schwebte“ allerdings über der Demo, s. dazu im letzten Drittel des Artikels.

Hintergrund der Demo ist die vor Jahren erfolgte Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA) in dem Waldgebiet der „Reesdorfer Heide“ zwischen Fichtenwalde / Borkwalde / Borkheide / Reesdorf und Beelitz Heilstätten:

Die ROT markierten WKA wurden Anfang 2017 durch das zuständige Landesamt für Umwelt Brandenburg genehmigt. Diese WKA sollen von der Firma Notus errichtet werden.

Nicht zu verwechseln mit einem ähnlichen Projekt dieser Firma im Bereich der „Dachsberge“ zwischen Ferch/Bliesendorf/Klaistow und Fichtenwalde.

In unserer Klage, die am 07.12.2023 vor dem Verwaltungsgericht Potsdam verhandelt werden sollte, ging es aber um ein drittes Projekt. Und zwar von der Firma juwi, in der Grafik oben BLAU südlich der Eisenbahnlinie RE7 / westlich der A 9. Hier wurden bereits im Jahr 2012 WKA beantragt und 2017 12 WKA genehmigt.

Allen drei Projekten ist gemeinsam, dass sie in dem großen geschlossenen Waldgebiet zwischen der Spargelstadt Beelitz, Borkheide, Borkwalde, Bliesendorf/Werder (Havel) und Schwielowsee (Ferch) errichtet werden sollen.

Unabhängig von unserer prinzipiellen Auffassung, dass Wind und Sonne als volatile Energiequellen höchstens Brückentechnologien sein können, geht es hier um unsere Wälder.

Selbst das zuständige Landesamt für Umwelt hat bei der Versagung der Genehmigung von WKA für die Firma Notus im gleichen Gebiet betont:

„Die Genehmigung […] soll versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes überwiegend im öffentlichen Interesse liegt, …, für die forstwirtschaftliche Erzeugung, für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder für die Erholung der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung ist.

Dies ist hier der Fall. Die Belange der Allgemeinheit, hier das Interesse an der Erhaltung des Waldes auf den betroffenen Flächen zur Gewährleistung der Erholungsfunktion, überwiegen im Ergebnis die privaten und öffentlichen Belange an der Umwandlung von Wald in Standfläche für Windenergieanlagen …

Wald dient neben seiner Nutz- und Schutzfunktion der Bevölkerung zur Erholung, zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens. Vor allem in und um die Ballungsgebiete und insbesondere in dem engen Verflechtungsraum Berlin-Brandenburg werden Waldflächen sehr stark flächendeckend durch Erholungssuchende frequentiert. Neben der Frequentierung von Erholungssuchenden aus den umliegenden stark wachsenden Waldgemeinden Borkheide, Borkwalde und Fichtenwalde sowie Beelitz-Heilstätten verläuft unmittelbar neben dem Bauvorhaben der Europaradweg R1 mit seiner überregionalen und zunehmend regionalen Bedeutung …

Die Gemeinden Borkheide, Borkwalde und Fichtenwalde, welche sich in unmittelbarer Nähe zu den geplanten WKA befinden, gelten als ausgesprochene Waldgemeinden, welche ihren Ursprung als Erholungssiedlungen, zumeist mit Beginn des 20. Jahrhunderts, hatten und bis zur Wendezeit 1990, trotz Anlage des Truppenübungsplatzes Lehnin (TÜP-Lehnin), behielten. Im Zuge von Siedlungsverdichtung und Ausweisung von B-Plan-Gebieten, fand eine Ausweitung von Wohnflächen für Zuzug vordergründig aus dem Ballungsraum Potsdam/Berlin statt.“

 Unstrittig ist, dass Wald:

  • eine Klimasenke (gerade im Umfeld von Großstädten, wie Berlin und Potsdam) und
  • ein ausgemachter CO2-Speicher

ist.

Das von der Windindustrie gern verwendete Argument, es handele sich ja überwiegend um „Kiefern-Stangenwälder“ ist scheinheilig. Auch Kiefernwald hat über das Jahr gesehen, die gleiche CO2-Bilanz wie Laubwald (Merkblatt Bayer. Landesforst). Außerdem laufen gerade in dieser Region umfassende Maßnahmen (z.B. der Stadt Beelitz) zum klimagerechten Waldumbau. UND: WKA im Wald sind aus Sicht des Flächenverbrauches die allerschlechteste Variante. Während auf Freiflächen geringe Flächen für die Errichtung einer WKA ausreichen, muss mindestens je WKA 3-4 ha Wald gerodet werden (für den Standort der WKA und Zuwegung). Diese Wald-Vernichtung sollte an andere Stelle wieder aufgeforstet werden. Aber zu wessen Lasten? Der Landwirtschaft? Oder eines einfachen Freikaufens durch ein „Strafgeld“ für die Flächenvernichtung.

Zwischenzeitlich hat die Firma juwi auf den gleichen Flurstücken, die der von uns beklagten Genehmigung entsprachen, beim Landesamt für Umwelt die Genehmigung von offiziell 8 (plus inoffiziell weitere 5) neuen WKA beantragt. Diese WKA sind wesentlich leistungsstärker als die am 05.10.2012 beantragten Anlagen. Diese sollten eine Nabenhöhe von 141 m, eine Gesamthöhe von 199,5 und eine Leistung von 2,4 kW haben. Nunmehr sind Anlagen mit einer Nabenhöhe von 169 m, einer Gesamthöhe von 250 m und einer Leistung von 7,2 kW geplant.

Es ist somit davon auszugehen, dass juwi kein Interesse mehr haben kann und auch nicht mehr in der Lage sein wird, die ehemals geplanten Anlagen zu errichten. Rein technisch ist das schon auf den gleichen Standorten unmöglich. Auch wird sich kein Kreditgeber finden, der die Errichtung der 2012 (!) beantragten Anlagen, nunmehr völlig unwirtschaftlichen und ggf. überhaupt nicht mehr verfügbaren Anlagen, finanziert.

Somit hatten wir unseren Anwalt, nach Bekanntwerden des neuen Antrages, Mitte November, gebeten, die Möglichkeit der einvernehmlichen Einstellung des Verfahrens mit dem Landesamt für Umwelt, dem Gericht und der Firma juwi zu klären. Bedauerlicherweise war die Firma juwi dazu nicht bereit. Sie bestand und besteht auf einer Entscheidung.

Wir gehen davon aus, dass dies vor dem Hintergrund erfolgt, uns in einem sinnlosen Prozess finanziell maximal zu belasten.

Hinzu kommt, dass die Firma juwi eine bisher beispiellose Regelung aus dem Osterpaket (s. Seite 4) der Bundesregierung von 2022 für sich in Anspruch nehmen will. Näheres zum Osterpaket hier.

Hier wurde unseres Erachtens erstmalig und beispiellos für die Bundesrepublik eine rückwirkende Geltung von Neuregelungen (man könnte wohl besser sagen zur Abschaffung) des Tötungsverbotes im § 75 (5) des Bundesnaturschutzgesetzes vom Rot-Grün-Gelben Gesetzgeber beschlossen. Mit dem Totschlagargument „…, dass der Betrieb von Windenergieanlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient …“ wurde auf beispiellose Weise der Rechtsstaat ausgehebelt und rückwirkend (!) in Verfahren eingegriffen.

Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Vor zwei Jahren hätte jemand für eine Geschwindigkeitsübertretung von 10 km/h 20 € Bußgeld zahlen müssen. Der Rechtsstreit dazu zog sich bis heute hin. Nunmehr hat die Bundesregierung beschlossen, das Bußgeld beträgt 200 € und wird rückwirkend (!) fällig.

Dies ist ein bisher nie dagewesener Verstoß gegen Treu und Glauben und die Öffnung von Tür und Tor für willkürliche rückwirkende Eingriffe des Gesetzgebers in „alte Tatbestände“.

Die Weiterführung des aus logischer Sicht sinnlosen Verfahrens hätte uns einen niedrigen 5-stelligen Betrag gekostet. Selbst im Fall des Obsiegens, wäre es ein Pyrrhussieg gewesen. Genau das, was juwi (die Windindustrie) angestrebt hat. Den Widerstand finanziell „fertig“ machen und als Sieger vom Platz gehen.

So leichtfertig gehen wir aber als gemeinnützige, anerkannte Umweltvereinigung nicht mit Spendenmitteln um und werden auch im neuen Verfahren zu 8 + x WKA dagegenhalten.

Das sind wir uns, unseren Kindern, unseren Enkeln und unserer Umwelt schuldig!

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