Drei Jahre nach dem großen Brand: Ob und wie sich der Wald selber hilft und heilt – Ein- und Ausblick auf die Waldbrandfläche in Treuenbrietzen

Obwohl es diesen Sommer bisher zumindest gefühlt mehr Regentage gab als in den vergangenen Dürre-Sommern, wurde trotzdem schon mehrfach eine hohe Waldbrandgefahr gemeldet.

Und wie heftig so ein Waldbrand sein kann, hatte nicht zuletzt das Jahr 2018 gezeigt: Neben Fichtenwalde sind auch über 300 Hektar Kiefernforst bei Treuenbrietzen vernichtet worden: 450 Fussballfelder aus verkohlten Baumstümpfen.

Ob und wie sich der Wald dort seitdem erholt hat, wollten Interessierte der Bürgerinitiative NaturWald aus Fichtenwalde im Juni 2021 erfahren.

Silbergraue Baumstämme ohne Kronen, verbrannter, aschiger Boden: So sah der Wald bei Treuenbrietzen nach dem Brand von 2018 aus. Der Großteil der Bäume verbrannte “nur” oberflächlich. Lebenswichtiges Gewebe, das sog. Kambium war aber meist stark geschädigt. In diesem Zustand ist den Kiefern nicht möglich, ihr Wachstum und ihren Stoffwechsel fortzusetzen, so dass ein zeitnahes Absterben der Bäume absehbar schien. Mit der schnellen Entnahme der Bäume konnte das Holz jedoch noch Verwendung als Industrieholz finden und dem Eigentümer wenigstens noch ein wenig Geld einbringen: Sterbende Bäume wurden beseitigt und eine Setzlingmischung aus Eiche, Robinie und Birke, neben zehntausenden des wirtschaftlich wichtigsten „märkischen Brotbaumes“ Kiefer fanden auf der Fläche in Reih und Glied, also zukünftig forstwirtschaftlich optimal nutzbar, ihren Platz.

So zumindest auf größeren Teilen des betroffenen Gebietes.

Für ein umfangreiches Forschungsprojekt namens  PYROPHOB blieb aber ein gut 28 Hektar großes Areal von diesen Eingriffen unberührt. Acht Institutionen untersuchen, wie sich Wälder gegen Brände und Klimawandel wappnen können. Dieser verbrannte Wald wurde und wird sich selbst überlassen. Stellenweise siedelten sich zuerst Moose und Gräser an – aber ziemlich schnell sind dort auch die ersten Baumarten, sogenannte Pionierbäume, wie Pappeln, Sandbirken und Salweiden aufgetreten. Pionierbäume sind gekennzeichnet durch ihre lange Samenkeimfähigkeit im Boden, rasches Wachstum bei „geringer“ Lebenserwartung (um 100 Jahre), wenig Schattentoleranz, hohe Resistenz gegenüber Klimaextremen bei niedrigen Standortsansprüchen und sind auch auf der Waldbrandfläche bei Fichtenwalde zu finden.

In den forstlich bewirtschafteten Gebieten im Treuenbrietzener Wald konnten sich diese Entwicklungen nicht durchsetzen. Durch vorbereitende forstwirtschaftliche Maßnahmen wurde das System Wald durch intensive Bodenbearbeitung auf null gesetzt. Dadurch ist alles, was bislang dort gewachsen war, erstmal wieder verschwunden. Viele neu gepflanzte Bäume gediehen jedoch dann nicht wie gewünscht. Das Problem sind die durch Kahlschlag entstehenden Freiflächen: bei höheren Temperaturen auf offener Fläche gibt es weniger Beschattung und weniger Kühlung. Gleichzeitig geht auch mehr Wasser durch Verdunstung verloren. An Hitzetagen sind auf den bewirtschaften Flächen Temperaturen von bis zu 60 Grad gemessen worden. Viele Setzlinge mussten daher nochmals neu gepflanzt werden. Doch angesichts höherer Temperaturen scheint der bewirtschaftete Jungwald aber auch weiterhin im Nachteil zu sein. Das zeigen erste Beobachtungen im Rahmen des Projekts.

In dem unberührten, unbewirtschafteten Bereich, wo viele junge Bäume und Pflanzen kreuz und quer heranwachsen und auch Totholz liegengeblieben ist, war es 20 bis 30 Grad kühler. Die scheinbar nutzlosen Brandbäume spenden jetzt Schatten für die Neuankömmlinge.

Und natürlich bietet so ein “wildes” Gebiet auch mehr Lebensraum für andere Lebewesen – von Pilzen über Insekten bis zu den Vögeln und Säugetieren. Ökologisch gesehen, scheint der sich selbst regenerierende Wald wertvoller zu sein. Birken, Zitterpappeln und Salweiden sind in den vergangenen 2-3 Jahren teilweise schon hoch gewachsen. Fallen die abgestorbenen Kiefern auf den Waldboden, können die Nachkommen von den freigesetzten Nährstoffen profitieren.

Nichtstun hilft dem Wald mehr als gezielte Aufforstungen, da ist sich der Treuenbrietzener‘ Stadtförster Henke inzwischen sicher. Auf einem seiner Areale hat Dietmar Henke Saatgut von Wildlingen ausgebracht und beobachtet, welche Baumarten sich behaupten: Saatgut ist eine der besten Wiederaufforstungen, widerstandfähiger und zudem kostengünstiger als Setzlinge. Kindergartenkinder hatten dafür drei Tonnen Eicheln und Kastanien gesammelt. Für seine Restrukturierung des Brandwaldes Treuenbrietzen ist Dietrich Henke mit dem diesjährigen Agenda-21-Preis des Landkreises Potsdam-Mittelmark ausgezeichnet worden. Zu Recht und verdient, wie wir meinen. Es ist ihm ein Herzensprojekt.

Im Prinzip muss das, was früher und jetzt noch als richtig durchgeführt wird, kritischer reflektiert werden, damit Ökosysteme sich entwickeln können und langfristig stabiler werden. Da sind sich Praktiker:innen und die wissenschaftlichen Projektbegleiter:innen einig. Wie sich bewirtschafteter und wilder Wald weiterentwickeln, das wird das Forschungsprojekt noch bis 2025 beobachten.

Wer auch diese ausgesprochen interessante öffentliche Führung durch den Stadtwald Treuenbrietzen genießen möchte, wendet sich an Stadtförster Dietmar Henke  (033748) 20052 oder  (0173) 5884145

Bürgerinitiative NaturWald – Auch in Zukunft Wald – im Waldkleeblatt – Natürlich Zauche e.V.

 

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